Oscar Wilde als Schrifsteller

London, im April.

In einem Essay „Stift, Feder und Gift” hat Oscar Wilde« dem Freunde Charles Lamb’s, Thomas Griffiths Wainewright, ein literarisches Denkmal gesetzt; das sich nach den jüngsten Ereignissen wie eine Grabschrift auf den Verfasser liest. Wainewright, eine künstlerische Natur von feinster Empfindlichkeit ein begabter Zeichner und glänzender Kritiker starb 1852, ein deportirter Sträfling, auf Van Diemens Land. Das Verbrechen, welches ihn im Alter von 42 Jahren vor den Richter brachte, war eine Documentenfälschung zum Schaden der Bank von England. Schon diese trug ihm die lebenslängliche Verbannung ein. Doch Wainwright hatte Schwereres auf dem Gewissen. 1829 war ihm sein Oheim, Thomas Griffiths, zum Opfer gefallen; um dessen Besitzung Linden House zu erlangen, hatte er den Alten vergiftet. In folgenden Jahre vergiftete er seine Schwiegermutter, Mrs. Abercrombie, und wenige Monate später um einer großen Versicherungssumme willen die anmuthige Helen Abercrombie, seine junge Schwägerin. Die Unthat nützte ihm so wenig wie Madame Joniaux die ihre; er bekam keinen Shilling ausbezahlt. Aus Rache hierfür, ohne jeden eigenen Vortheil vergiftete er später in Boulogne einen Freund, den er vorerst bewogen hatte, sein Leben bei der Pelican Company für dreitausend Pfund zu versichern. Eine Zeit lang war dieser Verbrecher der meistumworbene Literat der Metropole gewesen. Es gelang ihm auch, als notorischer Dandy von sich reden zu machen. Seine hübschen Ringe, die antike Camee seiner Busennadel und seine citronengelben Glacéhandschuhe waren wohlbekannt; sein reiches, lockiges Haar, seine schönen Augen und die zarten, scheeweißen Hände machten ihn zu einer auffallenden Erscheinung. Seltsam genug berichtet Wilde von ihm, daß er „jene merkwürdige Liebe für Grün besaß, die bei Individuen immer das Zeichen einer seinen künstlerischen Verlanlagung” und bei Rationen eine Laxheit, wenn nicht gar den Verfall der Sitten markiren soll, und der Erfinder der grünen Nelke gibt dem Essay über den Künstlerverbrecher den mystischen Untertitel: „Eine Studie in Grün.” Beachtenswerth ist auch der Umstand, daß Wainewright von seinem Aufenthalte in Frankreich wieder nach London zurückkehrte, obgleich er wußte, daß seine Fälschungen mittlerweile entdeckt worden waren. So kehrte auch Wilde von seinem kürzlichen Ausfluge nach der Riviera hierher zurück, obzwar es ihm klar sein mußte, daß schon die nächsten Tage zu seiner Blosstellung führen mußten. Dem Einwande mancher von Wainwright´s Kritikern, daß seine Kunstliebe nichts als Pose war, tritt Wilde mit dem Dictum entgegen, daß die Thatsache, ein Mann sei ein Giftmischer, nichts gegen seine literarische Fähigkeit beweise; häusliche Tugenden seien nicht die wahre Grundlage der Kunst, eine so vorzügliche Reclame sie auch für Künstler zweiter Classe abgeben mögen. Daß sich Wilde von der Person Thomas Wainewright´s angezogen fühlte, geht nicht blos aus dem Umstande, daß er ihm überhaupt eine Besprechung widmete, sondern deutlicher noch aus der hohen Würdigung hervor, die er, allen Vorurtheilen zum Trotze, seiner Person und seinen Talenten angedeihen läßt. Man kann nicht imhin, die Möglichkeit zu erwägen, daß Wilde bei Wainewright viel and sich selbst gedacht hat. Es mag ein psychologisches Räthsel sein, aber es ist sicherlich eine psychologische Wahrheit, daß Niemand so gerne die Vergehen eines Anderen analysirt, als derjenige, welcher sich selbst einer schweren Schuld bewußt ist. Die Analogien zwischen Wilde und Wainewright könnten sogar zu dem Schlusse verleiten, daß der Eine vom Andern beeinflußt war. Dagegen spricht jedoch nicht allein die vom Grund aus verschiedene Natur der Verbrechen der Beiden, sondern vorzüglich die hohe Selbstbewunderung Wilde´s, die ihm einen Mann wie Wianewright bei all´ seiner Begabung zu unbedeutend mußte erscheinen lassen, um ihm eine dämonische Gewalt über seine Handlungen einzuräumen.

„Stift, Feder und Gift” ist übrigens ein kurzer biographischer Aufsatz und es mag vielleicht übertrieben scheinen, nachträglich eine Beziehung in ihm zu entdecken, an die, als er erschien, kein Mensch gedacht hat. Solche Zweifel sind absolut ausgeschlossen bei der Novelle „Das Bild Dorian Gray´s”. Das Werk erschien zuerst fortsetzungsweise 1890 im Lippincott´s Magazine. Es war ein großer Erfolg. Oscar Wilde, damals 35 Jahre alt, war elf Jahre vorher nach London gekommen, nachdem er sich im Trinity Gymnasialcollege zu Dublin die goldene Medaille für Griechcisch und auf der Universität von Oxford den Newdigatepreis für englische Dichtkunst errungen hatte; sein Vater, der verstorbene Sir William Wilde, ein Chirurge von hohem Ansehen, hatte Alles gethan, um dem begabten Sohne die beste Erziehung zu sichern. Nach London gekommen, warf sich Wilde sofort mit großem Eifer in die neu aufkeimende Bewegung der Moderne und wurde ihr Haupt. Zu Beginn der Achtzigerjahre veröffentlichte er einen Band Gedichte und unternahm dann eine Reise nach Amerika, wo er auf einer Vorlesetour durch die Vereinigten Staaten für seine ideen Progaganda machte. Sein excentrisches Gebaren nicht minder, als seine unconventionellen Anschauungen über Kunst und Literatur verschafften ihm dort bald eine Notorietät, die ihm darum nicht minder willkommen war, daß sie sich oft im Einschlagen seiner Wagenfenster und ähnlichen Acten des Entgegenkommens äußerte. Von damals datiren auch seine Beziehungen zum amerikanischem Theater, die ihm für die meisten seiner Stücke, selbst für einige, die in London unaufgeführt blieben, eine Bühne sicherten. Mit dem „Bild Dorian Gray´s” trat Wilde als Novellist vors Publicum. Das Werk erschien später in Buchform. Man kann „Dorian Gray” ohne Bedenken neben große literarische Schöpfungen stellen. Es ist der Faust der Decadence. Der Inhalt und einzelne Stellen des Buches wurden am ersten Tage des Processes von dem Vertreter des geklagten Marquis als ein Mittbeweis dafür citirt, daß Wilde in der That das posire, dessen ihn Lord Queensberry beschuldigt hatte. „Muß nicht – apostrophirte der Vertheidiger den in der Zeugenbox stehenden Kläger – muß nicht diese Novelle als ein Werk erscheinen, das für ein sträfliches laster Propaganda macht?” – „Nur brutalen Leuten,” erwiderte Wilde, „und,” fügte er nach einer Pause hinzu, „Ungebildeten”. Es zeigt in der That von wenig literarischem Verständnisse, „Dorian Gray” zu einem pornographischen buche stempeln zu wollen. Der Jury von Krämern freilich hätten schon die Citate aus Dorian Gray zur Freisprechung Queensberry´s genügt, aber eine ähnliche Jury schickte auch den englischen Verleger Zola´s in den Kerker, ohne daß darum Zola an Werthschätzung der Gebildeten verlor. Trotzdem ist es wahr, daß „Dorian Gray” seine recht Bedeutung erst erhalten hat. Dorian Gray ist Wilde und doch nicht Wilde. Im „Wilde Dorian Gray´s” hat der Autor zu verschiedenen Individuen ausgesondert, was er in sich vereinigt fand, um es schließlich wieder in sich selbst zu vereinigen. Dorian Gray ist der Antinous einer modernen Zeit, Lord Henry Motton, sein böser Geist, und Basil Hallward, sein guter Genius, sie Alle sind Wilde. Dorian Gray wird der phantastische Wunsch erfüllt, selbst in jugendfrischer Schönheit erhalten zu bleiben, während die Spuren seiner kommenden Jahre und seiner kommenden Sünden an seiner Statt sein Bild berühren sollen. Die Jahre und die Sünden kommen und Dorians reine Schönheit bleibt. Auf dem Bilde aber verzerren sich die Züge. Dorian verbirgt das Bild. Er fürchtet, in ihm entdeckt zu werden. Er treibt ein Gretchen in den Tod. Sein Mephistopheles spielt ihm das Buch „A Rebours” in die Hände und Dorian sündigt von Stufe zu Stufe. Er mordet Basil. Er schleicht bei Nacht in die Opiumhöhlen des Eastends. Die Furcht, als Verbrecher entlarvt zu werden, treibt ihn tiefer und tiefer. Der Valentin seines Gretchens ist ihm knapp anf dem Fuße. Da räumt ihm das Geschick durch die Hand eines Anderen diesen lehten lebenden Rächer fort. Er athmet aus. Die Vergangenheit will er aus der Erinnerung streichen und ein neues Leben beginnen. Er schont ein armes Geschöpfs, das er hätte hinopfern können. Ein guter Anfang, sagt er sich selbst. Lord Henry verspottet ihn.

Ein guter Anfang! Ein neuer Kitzel, nichts mehr. Dorian taumelt. In der That nur ein neuer Kitzel? Er wird sein Bild befragen. Sein Bild muß ihm zeigen, ob er aus Reue gehandelt hat. Beim fahlen Lampenscheine schleicht er in die geheime Stube zu dem Bilde hinauf. Er zieht den Vorhang weg und schreit auf vor Entsetzen. Das Bild ist gräßlicher denn je. Um den Mund spielt ein hypokritischer Zug. Und der Blutfleck, auf der Hand, die gemordet hat, ist so frisch wie zuvor ... Hieße das, daß er gestehen sollte? Die Welt würde sein Geständniß nicht glauben ... Und doch fühlt er etwas wie eine Pflicht, zu gestehen, öffentlich Schande zu ertragen, öffentlich Buße zu thun ... Wirklich gestehen? ... Nie!... Wer kann ihn der Schuld überführen? Niemand, Niemand -— nur dieses schreckliche Bild. Es soll ihn nicht länger foltern dürfen. Er erblickt das Messer, mit dem er einst in demselben Raume Basil Hallward ermordet hat. Dieses ergreift er und sticht dem Bilde in die Brust. Ein geller Schrei, dann Todtenstille. Die Diener dringen ins Zimmer ein. Von der Wand blickt sie das Bild ihres Herrn in all’ seiner Jugend und Schönheit an. Ans dem Boden sehen sie einen todten Mann, ein Messer ins Herz gebohrt, das Gesicht abscheulich gerunzelt, alt und sündhaft verlebt. Erst da

sie die Ringe prüfen, erkennen sie ihn ... Es ist kaum glaublich, daß der Name desselben Autors, der Dorian Gray, geschrieben hat, unter der Posse steht, welche gegenwärtig die Cassen des St. James-Theatre füllt.

Das einzige Bindeglied ist die Diction. Die Paradoxen Lord Henrys lassen ihren Ursprung so wenig wie jene verkennen, welche so reichlich über »The Importance of Being Earnest” verstreut sind. Für diese Paradoxen hat sich Oscar Wilde eine Art Privilegium zu gewinnen verstanden; sie sind ihm so sehr eigenthümlich geworden, daß man sie geradezu Oscarismen getauft hat. Es wäre übrigens falsch, Wilde’s Talent als Dramatiker nach seiner allerneuesten Leistung zu beurtheilen. Man geht kaum fehl, wenn man annimmt, daß er diese Posse blos darum geschrieben hat, um eine neue Probe seiner Versatilität zu geben. Seine Fähigkeiten als Dramatiker liegen vielmehr nach der Richtung des ernsteren Gesellschaftsstückes, des Salonsittenbildes hin. In diese Kategorie gehören „Lady Windermere´s Fan”, „The Woman of No Importance” und das gegenwärtige Zugstück des Haymarket Theatre „An Ideal Husband”.

Alle diese Werke, obgleich von verschiedenem Werthe, verdienen vor das continentale Publicum zu kommen; sie würden dasselbe mit den Leistungen eines seinen Kopfes bekannt machen, der es versteht, das Conventionelle bei Seite zu lassen, ohne in lärmende Extreme zu verfallen. Zwei Stellen aus dem „Woman of No Importance” sollen dem Leser als Probe dienen. Mrs. Allonby, eine geistreichcoquette Witwe, gibt ihre Ansichten über das Ideal eines Mannes wie folgt zum Besten: „Der ideale Mann! Ah, der ideale Mann sollte mit uns reden, als ob wir Göttinnen, und uns behandeln, als ob wir Kinder wären. Alle unsere ernsten Bitten sollte er abschlagen, alle unsere Launen befriedigen. Er sollte uns ermuthigen, Capricen zu haben, und uns verbieten, eine Mission auszuüben. Er sollte stets viel mehr sagen, als er meint, und stets viel mehr meinen, als er sagt . . . Nie sollte er andere schöne Frauen herunterreißen. Denn das würde zeigen, daß er keinen, oder argwöhnen lassen, daß er zu viel Geschmack besitzt. Nein; er sollte über jede etwas Nettes zu sagen haben, jedoch hinzufügen, daß sie, weiß Gott wieso, ihn nicht anziehen könne. Worüber immer wir ihn fragen mögen, immer sollte er uns eine Antwort geben, die sich nur mit uns beschäftigt. Ohne Unterlaß hätte er an uns gerade die Eigenschaften zu loben, von denen er weiß, daß sie uns fehlen. Aber erbarmunungslos, ganz erbarmungslos- sollte er an uns gerade jene Tugenden aussetzen, diezu besitzen wir uns nie haben träumen lassen. Nie sollte er glauben, daß wir den Nutzen nützlicher Dinge kennen. Das wäre unverzeihlich. Ueberfchütten jedoch sollte er uns mit Allem, was wir nicht brauchen . . . In der Dessentlichkeit müßte er uns beständig compromittiren und wenn wir allein sind, mit absolutem Respecte behandeln. Und doch sollte er immer eine ganz schreckliche Scene bereit halten, wann immer wir eine brauchen, und uns gerade, wenn wir uns zu einem Diner ankleiden müssen, für ewig verlassean können. Und wenn man ihn dann wirklich zum letzten Male gesehen und er die Kleinigkeiten, die er Einem geschenkt hat, zurückzunehmen sich geweigert und betheuert hat, nie wieder mit Einem in Correspondenz zu treten, dann sollte er völlig niederbrechen und Einem den ganzen Tag lang telegraphiren und jede halbe Stunde kleine Briefchen senden und ganz allein im Club diniren, damit Jeder sehen kann, wie unglücklich er ist. Nach einer ganzen schrecklichen Woche, während derer man überallhin mit dem eigenen Gatten gegangen ist, just um zu zeigen, wie vereinsamt man ist, mag ihm dann am Abend ein allerletzter Abschied gegeben werden, und wenn seine Ausführung absolut tadellos gewesen ist und man ihm wirklich arg mitgespielt hat, sollte ihm gestattet werden, einzuräumen, daß er vollkommen Unrecht gehabt habe, und wenn er das zugegeben hat, dann ist es die Pflicht der Frau, zu vergeben -- und man kann wieder von vorne anfangen — mit Variationen.”

Aber Wilde kann auch edlen Ernst entfalten. In demselben Stücke läßt er die junge Amerikanerin Miß Hester Worsleh, die in den Idealen transatlantischer Freiheit und Gleichheit aufgewachsen ist, der englischen Gesellschaft ins Angesicht rufen.

„... Wir (in Amerika), Lady Hunstanton, sind bestrebt, das Leben auf einer besseren, wahreren, reineren Grundlage auszubauen, als der, auf der das Leben England ruht . . . Sie, die reichen Leute in England, wissen selbst nicht, wie Sie leben. Wie könnten Sie auch? Sie schließen das Erhabene, das Gute aus Ihrer Gesellschaft aus Sie verhöhnen das Schlichte und Reine. Sie alle leben auf Kosten anderer, darum verlachen Sie Selbsthingabe, und wenn Sie den Armen Brot hinwerfen, so thun Sie es, um für eine Saison von ihnen Ruhe zu haben. Bei all’ Ihrem Reichthum und Ihrer Kunst verstehen Sie nicht zu leben. Sie lieben das Schöne, das Sie sehen, berühren und hand haben, das Schöne, das Sie zerstören können, aber von dem unsichtbaren Schönen im Leben wissen Sie nichts. Sie haben das Geheimniß des Lebens verloren. O, Ihre englische Gesellschaft erscheint mir seicht, selbstsüchtig, thöricht. Sie hat sich die Augen geblendet und die Ohren verstopft. Wie ein Aussätziger in Purpur liegt sie da. Wie ein mit Gold beschmierter Leichnam ...”

Wilde hat sich dramatisch auch nach einer mehr poetischen Richtung hin versucht. Er veröffentlichte eine fünfactige Blankvers-Tragödie „The Duchess of Padua”, die jedoch bisher nur in Amerika erschienen ist und ein einactiges Trauerspiel „Salomé”, welches die Geschichte der Herodias und Johannes des Täufers behandelt. Wilde schrieb das Stück ursprünglich im Französischen für Sarah Bernhardt. Die englische Ausgabe widmete er dem Uebersetzer seinem „Freunde Lord Alfred Bruce Douglas”; sie ist auch wegen der curiosen Illustrationen Aubrey Beardsley´s bemerkenswerth, die zu charakterisiren es einer besonderen Abhandlung für sich bedürfte. In diesem Zusammenhange mag die allgemeine Bemerkung Platz finden, daß sich die hervorragendsten englischen Zeichner der Decadence an der Ausschmückung der Wilde´schen Werke versucht haben; Charles Rickett´s diesbezügliche Leistungen in Wilde´s mystischen Poëm „The Sphinx” sind von ganz besonderer Schönheit. In England ist „Salomé” zur Aufführung nicht zugelassen worden; der Censor konnte sich nicht entschließen, ein Todtenhaupt auf die Bühne bringen zu lassen. Sarah Bernhardt war, wenn ich nicht irre, im Begriffe, das Stück in ihr Repertoire aufzunehmen, als Wilde´s Proceß in Sicht kam. Sie war immer eine gute Freundin Wilde´s; trotzdem bleibt abzuwarten, ob sie jetzt auf ihrer Absicht bestehen wird. Das Stück ist übrigens mehr ein Buch-, als ein Bühnendrama, es sei denn, daß man Dramen von der Art des Manterlinck´schen „Pelcas et MelisandeÄ vorweg die Bühnenfähigkeit zuerkennt. Damit soll aber dem Werke kein Eintrag geschehen. Seine Mystik ist bestrickend und die Sprache außerordentlich schön. Die Scene zwischen Herodes und Salomé, worin Salomé auf ihrem Prese besteht, hat nicht viele ihres Gleichen in der neueren englischen Literatur. Und der Schluß, in seiner plötzlichen Wendung von Farbe und Ton, verräth einen bedeutenden Dichter.

Daß Wilde auch auf dem Felde der ästhetischen Kritik schriftstellerisch thätig gewesen ist, versteht sich nach seiner Carrière von selbst; die ästhetische Kritik war ja seine erste Bethätigung. Der Band „Intentions” in dem sich auch der Essay über Wainwright findet, läßt ihn als einen glänzenden Caufeur über ästhetische Materien erscheinen. Einer vn den Aufsätzen, „Der Verfall des Lügens”, ist dem deutschen Publicum aus einer Uebersetzung bekannt geworden. Alles in Allem muß man Wilde die gerechtigkeit widerfahren lassen, daß ihm ein vornehmer Platz in der modernen englischen Literatur gebührt, einer Literatur, die auf dem Continente leider noch lange nicht die Berücksichtigung gefunden hat, die sie verdient. Oscar Wilde mag sich in der sträflichsten Weise vergangen haben, man könnte doch von ihm, wie er selbst von Wainewright, sagen: Die Thatsache, daß ein mann ein Verbrecher ist, spricht nichts gegen seine literarische Fähigkeit.

Dr. M. Handl.

Oscar Wilde as a writer

London, April.

In an essay, "Pen, Pen, and Gift," Oscar Wilde erected a literary monument to Charles Lamb's friend, Thomas Griffiths Wainewright; which, after the recent events, reads like an epitaph on the author. Wainewright, an artistic nature of the finest sensitivity, a gifted draftsman and brilliant critic, died in 1852, a deported convict, on Van Diemen's land. The crime which brought him before the judge at the age of 42 was a forgery of documents to the detriment of the Bank of England. This alone earned him lifelong banishment. But Wainwright had heavier things on his conscience. In 1829 his uncle, Thomas Griffiths, had fallen victim to him; in order to obtain his possession of Linden House, he had poisoned the old man. In the years that followed he poisoned his mother-in-law, Mrs. Abercrombie, and a few months later, for the sake of a large sum insured, the lovely Helen Abercrombie, his young sister-in-law. The misdeed availed him no more than Madame Joniaux did hers; he was not paid a shilling. In revenge for this, without any benefit to himself, he later poisoned a friend in Boulogne, whom he had first persuaded to insure his life with the Pelican Company for three thousand pounds. For a time, this criminal had been the metropolis' most sought-after writer. He also managed to make a name for himself as a notorious dandy. His pretty rings, the antique cameo of his bosom-pin, and his lemon-yellow kid gloves were well known; his rich, curly hair, his beautiful eyes and delicate, snow-white hands made him a striking figure. Oddly enough, Wilde reports of him as having "that curious love of green which in individuals is always said to mark his artistic disposition" and in rations a laxity, if not depravity, of manners, and the inventor of the green carnation gives the essay about the artist criminal the mystical subtitle: "A Study in Green." It is also noteworthy that Wainewright returned to London from his stay in France, although he knew that his forgeries had meanwhile been discovered. So Wilde also returned here from his recent trip to the Riviera, although it must have been clear to him that the next few days must lead to his exposure. To the objection of some of Wainwright's critics, that his love of art was nothing but a pose, Wilde replies with the dictum that the fact that a man is a poisoner proves nothing against his literary ability; domestic virtues are not the true basis of art, no matter how excellent publicity they may make for artists of the second class. That Wilde felt attracted to the person of Thomas Wainewright is evident not only from the fact that he dedicated a review to him at all, but even more clearly from the high regard he, in spite of all prejudices, accorded to his person and his talents thrive. One cannot help considering the possibility that Wilde thought much of himself in Wainewright. It may be a psychological enigma, but it is certainly a psychological truth that no one likes to analyze the transgressions of another than he who is himself aware of a grave guilt. The analogies between Wilde and Wainewright might even lead to the conclusion that one was influenced by the other. However, not only the fundamentally different nature of the crimes of the two speaks against it, but primarily Wilde's high self-admiration, which must have made a man like Wianwright, with all his talent, appear too insignificant to him to exercise demonic power over his actions to grant

Incidentally, “Pen, Feather and Gift” is a short biographical essay and it may seem exaggerated to retrospectively discover a relationship in it that no one thought of when it first appeared. Such doubts are absolutely excluded in the novella "The Picture of Dorian Gray". The work first appeared serially in Lippincott's Magazine in 1890. It was a great success. Oscar Wilde, then thirty-five, had come to London eleven years previously, having won the Gold Medal for Greek at Trinity Grammar School, Dublin, and the Newdigate Prize for English Poetry at Oxford University; his father, the late Sir William Wilde, a surgeon of high repute, had done everything to secure the best education for the gifted son. Arriving in London, Wilde immediately threw himself into the newly burgeoning modernist movement with great zeal and became its head. In the early 1980s he published a volume of poetry and then made a trip to America, where he promoted his ideas on a reading tour of the United States. His eccentric demeanor, no less than his unconventional views of art and literature, soon gave him a notoriety there that was no less welcome to him, as it often expressed itself in the smashing of his car windows and similar acts of accommodation. His connections with the American theater also date from that time, which secured him a stage for most of his plays, even for some which were not performed in London. With the "Picture of Dorian Gray" Wilde appeared before the public as a novelist. The work later appeared in book form. Dorian Gray is safe to rank alongside great literary creations. It's the fist of decadence. The contents and individual passages of the book were quoted on the first day of the trial by the representative of the accused Marquis as partial evidence that Wilde was in fact the posire of which Lord Queensberry had accused him. "Mustn't - the defense counsel apostrophized the plaintiff standing in the witness box - not have this novella appear as a work that makes propaganda for a criminal vice?" "Only brutal people," replied Wilde, "and," he added after a pause, "the uneducated." In fact, it shows little literary understanding to want to label “Dorian Gray” a pornographic book. Of course, the jury of shopkeepers would have been satisfied with the citations from Dorian Gray for Queensberry's acquittal, but a similar jury also sent the English publisher Zola's to the dungeon, without Zola losing the esteem of the educated people as a result. Nevertheless, it is true that "Dorian Gray" has only just acquired its true importance. Dorian Gray is Wilde and yet not Wilde. In "The Wild Dorian Gray's" the author separated into different individuals what he found united in himself, in order to finally unite it again in himself. Dorian Gray is the Antinous of a modern age, Lord Henry Motton, his evil spirit, and Basil Hallward, his good genius, all are savages. Dorian Gray's fantastic wish is fulfilled, to be preserved in his youthful beauty, while the traces of his coming years and his coming sins are to touch his image in his place. The years and the sins come and Dorian's pure beauty remains. But in the picture the features are distorted. Dorian hides the picture. He fears being discovered in him. He drives a Gretchen to her death. His Mephistopheles plays the book "A Rebours" into his hands and Dorian sins step by step. He kills Basil. He sneaks into the East End opium dens at night. The fear of being exposed as a criminal drives him deeper and deeper. His Gretchen's Valentine is close to his foot. Then fate grants him this poor living avenger through the hands of another. He exhales. He wants to erase the past from his memory and start a new life. He spares a poor creature that he could have sacrificed. A good start, he tells himself. Lord Henry taunts him.

A good start! A new tickle, nothing more. Dorian staggers. In fact only a new tickle? He will question his picture. His picture must show him whether he acted out of remorse. By the dim lamplight he sneaks up to the picture in the secret room. He pulls back the curtain and screams in terror. The picture is uglier than ever. A hypocritical trait plays around the mouth. And the bloodstain on the hand that killed is as fresh as ever... Would that mean he should confess? The world would not believe his confession... And yet he feels something of a duty to confess, to bear shame publicly, to repent publicly... Confess really? ... Never!... Who can convict him of the guilt? Nobody, nobody -- just this horrible picture. It should no longer be allowed to torture him. He sees the knife with which he once murdered Basil Hallward in the same room. He grasps it and stabs the image in the breast. A scream, then dead silence. The servants enter the room. From the wall she gazes at the image of her master in all his youth and beauty. On the ground they see a dead man, a knife pierced through his heart, his face wrinkled hideously, old and sinfully spent. only there

if they examine the rings they will recognize him... It is scarcely credible that the name of the same author who wrote Dorian Gray should stand under the farce which is presently filling the box-office of St. James's theatre.

The only link is the dictionary. The paradoxes of Lord Henry reveal their origin as little as do those so abundantly scattered about The Importance of Being Earnest. Oscar Wilde understood how to gain a kind of privilege for these paradoxes; they have become so peculiar to him that they have actually been christened Oscarisms. Incidentally, it would be wrong to judge Wilde's talent as a playwright by his most recent achievement. One is hardly wrong in assuming that he wrote this farce merely to give a fresh test of his versatility. Rather, his abilities as a dramatist are more in the direction of the more serious society play, the drawing of salon manners. In this category are Lady Windermere's Fan, The Woman of No Importance and the current Haymarket Theater play An Ideal Husband.

All these works, though of different value, deserve to come before the continental public; they would acquaint it with the achievements of a mind that knows how to leave aside the conventional without falling into noisy extremes. Two passages from the "Woman of No Importance" should serve as a sample for the reader. Mrs. Allonby, a witty coquette widow, puts forth her views on the ideal man as follows: 'The ideal man! Ah, the ideal man should talk to us as if we were goddesses and treat us as if we were children. He should refuse all our earnest requests, satisfy all our whims. He should encourage us to have caprices and forbid us to carry on a mission. He should always say much more than he means, and always mean much more than he says. . . He should never tear down other beautiful women. Because that would show that he has no taste, or suggest that he has too much taste. No; he should have something nice to say about each one, but add that, God knows why, she couldn't attract him. Whatever we may ask him about, he should always give us an answer that deals only with us. Incessantly he would have to praise the very qualities in us that he knows we lack. But mercilessly, quite mercilessly, he should expose in us precisely those virtues that we never dreamed of possessing. He should never think that we know the use of useful things. That would be unforgivable. However, he should overwhelm us with everything we do not need. . . Essentially he should constantly compromise us and treat us with absolute respect when we are alone. And yet it should always have a most dreadful scene ready whenever we need one, and just when we need to dress for dinner, leave us forever on. And when you really see him for the last time and he has refused to take back the little things he gave you and has sworn he will never correspond with you again, then he should break down completely and telegraph you all day long and send little letters every half hour and dine all alone in the club so that everyone can see how unhappy they are. After a whole dreadful week of going everywhere with your husband just to show how lonely you are, he may then be given a very last farewell at night, and if his execution has been absolutely faultless and you really love him If he has played badly, he should be allowed to admit that he was dead wrong, and if he has admitted it, then it is the woman's duty to forgive -- and one can start all over again -- with variations."

But Wilde can also display noble earnestness. In the same play he has the young American Miss Hester Worsleh, brought up in the ideals of transatlantic freedom and equality, confronted with English society.

“... We (in America), Lady Hunstanton, are striving to build life on a better, truer, purer foundation than that on which life England rests . . . You rich people in England don't even know how you live. How could you? You exclude the sublime, the good, from your society. You scoff at the plain and the pure. They all live at the expense of others, so they scoff at self-giving, and if you throw bread to the poor it is to get a season's rest from them. With all your wealth and art, you don't know how to live. You love the beauty you can see, touch and handle, the beauty you can destroy, but you don't know about the unseen beauty in life. You have lost the secret of life. Oh, your English society seems shallow, selfish, foolish to me. She blinded her eyes and plugged her ears. She lies there like a leper in purple. Like a corpse smeared with gold...”

Dramatically, Wilde also tried to go in a more poetic direction. He published a five-act blank verse tragedy The Duchess of Padua, which has only been published in America, and a one-act tragedy Salomé, which tells the story of Herodias and John the Baptist. Wilde originally wrote the play in French for Sarah Bernhardt. He dedicated the English edition to the translator to his "friend Lord Alfred Bruce Douglas"; it is notable also for the curious illustrations of Aubrey Beardsley, which would require a separate treatise to characterize. In this connection the general remark may be made that the most outstanding English draftsmen of the Decadence tried their hand at embellishing Wilde's works; Charles Rickett's achievements in this regard in Wilde's mystical poem The Sphinx are of particular beauty. In England "Salomé" was not admitted to the performance; the censor could not make up his mind to have a death's head brought onto the stage. Sarah Bernhardt, if I am not mistaken, was about to add the piece to her repertoire when Wilde's Trial came into view. She was always a good friend of Wilde's; nevertheless it remains to be seen whether she will now insist on her intention. Incidentally, the play is more of a book drama than a stage drama, unless dramas like Manterlinck's "Pelcas et Melisande" are recognized in advance as suitable for the stage. However, this should not cause any entry into the work. His mysticism is captivating and the language extraordinarily beautiful. The scene between Herod and Salomé, in which Salomé insists on her prese, has not many equals in modern English literature. And the ending, in its sudden turn of color and tone, betrays an important poet.

After his career, it goes without saying that Wilde was also active as a writer in the field of aesthetic criticism; aesthetic criticism was his first activity. The volume "Intentions", which also contains the essay on Wainwright, makes him appear as a brilliant caufeur on aesthetic matters. One of the essays, "The Decline of Lying," has become known to the German public from a translation. All things considered, Wilde must be given justice in that he occupies a distinguished place in modern English literature, a literature which unfortunately has not yet received the attention it deserves on the Continente. Oscar Wilde may have transgressed in the most culpable manner, yet one might say of him as he himself of Wainewright: The fact that a man is a criminal speaks nothing against his literary ability.

dr M.Handl.

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