Verschiedenes.

London, 28. Mai. Der in letzter Zeit so viel genannte, wegen Verbrechens gegen die Sittlichkeit schließlich zu zwei Jahren Zuchthaus verurtheilte Schriftsteller Oskar Wilde wird nebst seinem zu gleicher Strafe verurtheilten Complicen Alfred Taylor den ersten Theil seiner Strafe im Zuchthause von Pentonville abbüßen. Noch am Samstag Abend, unmittelbar nach der Verurtheilung, wurden Beide dorthin abgeführt. Gesondert wurden sie in das Aufnahmezimmer gebracht, wo sie die nöthigen Personalien mitzutheilen und sich einer ärzlichen Untersuchung zu unterwerfen hatten. Dann mußten Beide ein Bad nehmen, sich rasiren und scheeren lassen und den Strälingsanzug anlegen. Einstweilen werden sie strenge Einzelhaft durchzumachen haben, bis ihre Gesundheit es nicht weiter gestattet, dann wird der Gefängnisarzt entscheiden, in weclher Wiese sie beschäftigt werden sollen. Nur viermal das ganze Jahr dürfen sie den Besuch ihrer Verwandten und Bekannten empfangen; gibt ihr Betragen aber zu Klagen Anlaß, so verwirken sie auch dieses Vorrecht. Was das Urtheil angeht, so erkannte ihnen der Richter bekanntlich das höchste für dergleichen mindere Vergehen gegen die Sittlichkeit in England zulässige Strafmaß von zwei Jahren Zuchthaus zu, und zwar bemerkte Richter Wills dabei, daß seines Erachtens die Strafe für solche Vergehen viel zu gering sei. Es ist deßhalb wohl möglich, ja fast wahrscheinlich, daß demnächst ein Antrag im Parlament gestellt wird, die Strafe für Sittlichkeitsvergehen zu erhöhen. In den continentalen Staaten geht die Tendenz eher dahin, solche Vergehen in milderem Lichte anzusehen, sie als Folgen einer krankhaften geistigen und körperlichen Disposition zu betrachten. Nebenbei bemerkt, war das Schicksal der beiden Angeklagten entschieden, als Richter Wills in seinem Resumé bemerkte, daß es der schlimmste Fall sei, der ihm in seiner Praxis bisher vorgekommen. Englische Geschworene folgen stes den Andeutungen des Richters. Daß sich bei dem ganzen traurigen Proceß gewisse Dinge hinter den Coulissen abgespielt und auf den Verlauf der Sache eingewirkt haben, unterliegt wohl keinem Zweifel.

Various.

London, May 28th. The writer Oskar Wilde, who has been so widely mentioned lately and has finally been sentenced to two years in prison for crimes against morality, will serve the first part of his sentence in Pentonville penitentiary together with his accomplice Alfred Taylor, who has been sentenced to the same sentence. On Saturday evening, immediately after the verdict, both were taken there. They were brought separately to the reception room, where they had to give the necessary personal details and undergo a medical examination. Then both had to take a bath, have themselves shaved and clipped, and put on the prison suit. For the time being they will have to endure strict solitary confinement until their health no longer permits, at which point the prison doctor will decide in what way they should be employed. They are only allowed to receive visits from their relatives and acquaintances four times a year; but if their conduct gives cause for complaint, they also forfeit this privilege. As for the verdict, the judge, as is well known, awarded them the maximum sentence of two years imprisonment for such minor offenses against morality in England, and Judge Wills remarked that in his opinion the penalty for such offenses was far too light. It is therefore quite possible, indeed almost probable, that a motion will soon be made in Parliament to increase the penalties for moral offenses. In the continental states the tendency is rather to look at such offenses in a milder light, to regard them as the result of a morbid mental and physical disposition. Incidentally, the fate of the two defendants was decided when Judge Wills remarked in his resume that it was the worst case he had ever faced in his practice. English juries always follow the judge's insinuations. There can be no doubt that certain things took place behind the scenes during the whole sad process and had an impact on the course of the matter.

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