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Original paragraph in
Die Presse - Friday, April 12, 1895
Die Presse - Friday, April 12, 1895
Most similar paragraph from
Berliner Börsenzeitung - Thursday, April 11, 1895
Berliner Börsenzeitung - Thursday, April 11, 1895
Difference
London, 8. April.
(Proceß Wilde.) Der traurige Proceß des Schriftstellers Oskar Wilde gegen den Marquis Queensberry wird nun ein vielleicht noch trauligiies
Nachspiel haben, seitdem der öffentliche Ankläger die Anklage gegen Wilde erhoben hat. Wilde wurde, wie bereits berichtet, noch am Freitag von den
Detectivs in Chelsea verhaftet. Die Nacht mußte er in einer Zelle der Bow-Street Polizeistation zubringen: die von seinem jugendlichen Freunde Lord Alfred
Douglas angebotene Bürgschaft wurde nicht angenommen. Die Polizei erlaubte Lord Alfred nicht einmal, dem Verhafteten frische Wäsche zu bringen. Schon am
Samstag wurde Wilde dem Polizei-, beziehungsweise Untersuchungsrichter in Bow-Street vorgeführt. Die Anklage lautete, daß Wilde sich mit mehreren jungen
Leuten, die gleich Wilde aus der Anklagebank saßen, schwer vergangen habe. Einer von diesen, Namens Taylor halte eine feinmöblirte Wohnung, wo er viele
Herrenbesuche empfing. Das Dienstmädchen im Savoy Hotel, Jane Lotter, machte sehr belastende Aussagen; ebenso der Ma,seur Migge,; der Commis Wood und
mehrere Andere. Zur Erlangung weiteren Materials wurden die Verhandlungen daraus bis zum nächsten Donnerstag vertagt. Die Anklage stützt sich auf den
elften Paragraphen des „Criminal Law Amendment Act”, der für die, unter ihm Verurtheilten eine Maximumstrafe von zwei Jahren mir oder ohne harte Arbeit
zuläßt. Oskar Fingal Flaherty Wills Wilde ist der Sohn des verstorbenen Sir William Wilde, des seinerzeit hervorragendsten Augenarztes in Dublin. Er hat
in seinem Leben schon viel von sich reden gemacht. Nachdem er im Trinity College zu Dublin die goldene Medaille für Griechisch und dann 1878 in Oxford den
Newdegate-Preis für ein englisches Gedicht erhalten, kam er in folgenden Jahre nach London und wurde alsbald in eigentliche Seele der zu Anfang der
Achtziger-Jahre in London in üppigster Blüthe stehenden „ästhetischen Bewegung”, die Alles reformiren wollte, zumal die Häuser- und Zimmerdecorationen und
den Trachten der Männer wie der Frauen einen „ästhetischen” Stempel auszudrücken anstrebt«. Wilde selbst, dem besonders das gegenwärtige Herrenbeinkleid
ein Gräuel war, er ¬schien auch — wenn schon nicht gerade aus offener Straße in Kniehosen, langen Strümpfen und Schnallenschuhen. Er wurde vielfach
verlacht und gehänselt, aber das macht ihm offenbar wenig genug aus, so lange man überhaupt nur Notiz von ihm nahm. Indessen auch der gewannteste
Reclameheld kann aus die Dauer nichts erreichen - wenigstens nicht in dem Maße, wie es Wilde gelang — wenn ihm wirklich jede Bedeutung abgeht. Und so läßt
sich auch nicht leugnen, daß Wilde, wenn auch oftmals recht barocke, so doch immerhin recht originelle Ideen zutage förderte. Allgemeineren Anklang fanden
indessen erst seine Dramen, mit denen er in den letzten Jahren hervortrat, die nicht sowohl durch ihren dramatischen Ausbau und fesselnde Situationen das
Interesse des Publicums wachhalten, sondern auch durch ihre geistreiche Conversation und ihre Geißelhiebe auf das sociale Leben und eine höchst komische
Auffassung dessen, was das Leben mit sich bringt und von uns verlangt, in manchen Kreisen sich einer besonderen Beliebtheit erfreuen. Wilde's
Lebensphilosophie findet sich in einem im vorigen Jahre erschienenen Roman „The Green Carnation”, der offenbar von ihm eingegeben ist, auseinandergesetzt.
„Die höhere Philosophie” so heißt es darin - „besteht darin, vor nichts zurückzuschrecken, so zu leben, wie man zu leben wünscht, den Muth seiner
Begierden zu haben.” Und dementsprechend lebte er denn wie er wollte.
Zum Proceß des Schriftstellers Oskar Wilde gegen den Marquis von Queensberry wird uns noch aus London geschrieben: Wilde wurde, wie
bereits berichtet, noch am Freitag von den Detectives in Chelsea verhaftet. Die Nacht mußte er in einer Zelle der Bow-Street-Polizeistation zubringen. Die
von seinem jugendlichen Freunde Lord Alfred Douglas angebotene Bürgschaft wurde nicht angenommen. Die Polizei erlaubte Lord Alfred nicht einmal, dem
Verhafteteten frische Wäsche zu bringen. Schon am Sonnabend wurde Wilde dem Polizei-resp. Untersuchungsrichter in Bow-Street vorgeführt. Die Anklage
lautete, daß Wilde sich mit mehreren jungen Leuten, die gleich Wilde auf der Anklagebank saßen, sittlich vergangen habe. Einer derselben, Namens Taylor,
hatte eine feinmöblirte Wohnung, wo er viele Herrenbesuche empfing. Die Fenster waren verhangen und es wurden nur Kerzen in dem Zimmer gebrannt. Auch das
Dienstmädchen im Savoy-Hotel, Jane Cotter, machte belastende Aussagen. Ebenso der Masseur Migge, der Commis Wood und mehrere andere. Zur Erlangung
weiteren Materials wurden die Verhandlungen darauf bis zum nächsten Donnerstag vertagt. Sogleich nach seiner Freisprechung vor der Verhaftung Wildes
sandte Lord Queensberry das folgende Schreiben an den Schriftsteller: „Wenn das Land Ihnen erlaubt, sich aus dem Stande zu machen, nur um so besser für
das Land. Wenn Sie aber meinen Sohn mitnehmen, werde ich Ihnen auf Schritt und Tritt folgen, wohin Sie gehen, und Sie niederschießen.” --- Oskar Wilde hat
durch seine Extravaganzen immer viel von sich reden gemacht. Ja, dieses schien von vornherein das Ziel seines Auftretens. Nachdem er im Trinity College zu
Dublin die goldene Medaille für Griechisch und dann 1878 in Oxford den Newdigate – Preis für ein Englisches Gedicht erhalten, kam er im folgenden Jahre
nach London und wurde alsbald die eigentliche Seele der zu Anfang der achtziger Jahre hier in üppigster Blüthe stehenden „ästhetischen Bewegung”, die
Alles reformiren wollte, zumal den Häuser- und Zimmerdecorationen und den Trachten der Männer wie der Frauen einen „ästhetischen” Stempel aufzudrücken
anstrebte. Wilde selbst, dem besonders das gegenwärtige Herrenbeinkleid ein Gräuel war, erschien auch. --- wenn schon nicht gerade auf offener Straße – in
Kniehosen, langen Strümpfen und Schnallenschuhen. Er wurde vielfach verlacht und gehänselt, aber das machte ihm offenbar wenig genug aus, so lange man
überhaupt nur Notiz von ihm nahm. Indessen auch der gewandteste Reclameheld kann auf die Dauer nichts erreichen --- wenigstens nicht in dem Maße, wie es
Wilde gelang, --- wenn ihm wirklich jede Bedeutung abgeht. Und so läßt sich auch nicht leugnen daß Wilde, wenn auch oftmals recht barocke, so doch
immerhin recht originelle Ideen zu Tage förderte. Allgemeineren Anklang fanden indessen erst seine Dramen, mit denen er in den letzten Jahren hervortrat,
sein „Lady Windermere’s Fan”, „A Woman of no Importance” u.a., die nicht sowohl durch ihren dramatischen Aufbau und fesselnde Situationen das Interesse
des Publicums wachhalten, sondern auch durch ihre kräftigen Geißelhiebe auf das sociale Leben. Augenblicklich werden zwei Stücke von ihm aufgeführt. „An
Ideal Husband” im Haymarket und „The importance of being Earnest” im St. James Theater ---- ohne Namen des Verfassers auf dem Theaterzettel!
London, 11. April. (Telegr. d. „Presse”.)
Oskar Wilde und Taylor wurden heute wieder dem Polizeigerichte vorgeführt. Nach einer für beide Beschuldigte ungemein belastenden
Beweisaufnahme wurden sie bis nächsten Donnerstag zurückgestellt. Die Bibliothek des Britischen Museums und andere öffentliche Bibiliotheken Londons und
Newports entfernten die Werke Wilde‘s aus ihren Leseräumen.