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Original paragraph in
Berliner Börsenzeitung - Tuesday, April 9, 1895
Berliner Börsenzeitung - Tuesday, April 9, 1895
Most similar paragraph from
Berliner Gerichts-Zeitung - Saturday, April 13, 1895
Berliner Gerichts-Zeitung - Saturday, April 13, 1895
Difference
Wir haben bereits telegraphisch über den Ausgang des Processes berichtet, den der Englische Dramatiker Oskar Wilde gegen den Marquis
Queensberry in London angestrengt hatte. Der Lord wurde freigesprochen; der Kläger Wilde erscheint nun als Angeklagter in einem zweiten Scandalprocesse,
der wohl demnächst stattfinden wird, nachdem er bereits am Sonnabend verhaftet worden ist. Wilde, ein 40jähriger Mann und Familienvater, war nicht blos
ein berühmter und populärer Dichter, sondern auch en allbekanntes Mitglied der Londoner haute volée. Er ist Schöngeist und excentrisch, die Seele der
„ästhetischen” Bewegung in England, deren Jünger als Symbol eine Lilie in der Hand zu tragen pflegten und welche in Sullivans „Mikado” so vortrefflich
carricirt ist. Auch der Marquis von Queensberry gehört zur Klasse der Excentricisten. Bei der Erstaufführung von Oskar Wildes „The importance of being
earnest” (Die Nothwendigkeit ernst zu sein”) erschien er mit einem ungeheueren – Gemüsebouquet im Theater. Als ihm ein Polizist den Eintritt damit
verweigerte, warf er den sonderbaren Strauß durch den Schalter des Kassenfensters dem Billetverkäufer an den Kopf mit der Bemerkung, es sei für Oskar
Wilde bestimmt. Die beleidigenden Aeußerungen Lord Queensberrys waren auf einer von diesem dem Portier des Albemarie-Clubs für Wilde übergebenen offenen
Visitenkarte enthalten. Der Marquis hatte, wie seiner Zeit berichtet, Wilde des unzüchtigen Umganges mit seinem zwanzigjährigen Sohne, Lord Alfred
Douglas, beschuldigt. Absichtlich, so erklärte der Marquis, wolle er die Sache auf die Spitze treiben, um seinen Sohn zu retten. Die bei den
Gerichtsverhandlungen an das Licht gekommenen Thatsachen waren so empörender Natur, daß die conservative „St. James Gazette” die Berichterstattung
einstellte und sich auf die Mittheilung des Resultats beschränkte. Der „Daily Chronicle” erklärte seinen Lesern, daß er im Interesse des öffentlichen
Umstandes den Proceß nur in aller Kürze bringen könne. Die allermeisten Londoner Zeitungen wählten allerdings einen anderen Weg und tischten ihren Lesern
seitenlange Berichte auf, welche jedenfalls unermeßlichen Schaden gestiftet haben. --- Die Vertheidigung suchte am ersten Tage aus Oskar Wildes Schriften
dessen contrasexuale Eigenschaften zu beweisen. In dieser Beziehung bot die zuerst in „Lippincotts Magain” veröffentlichte Novelle „Dorian Grey” für den
Criminalpsychologen äußerst interessante Beiträge. Die am zweiten Tage verlesenen Briefe des Lord Alfred Douglas an Wilde und seinen an diesen gerichtete
Ode brachten ein Grabesschweigen im Gerichtssaal hervor. Auch die Briefe, welche der junge Mann an seinen Vater, den Marquis von Queensberry, gerichtet
hatte, gelangten zur Verlesung. Dieselben enthüllten traurige Familienverhältnisse. In einem derselben heißt es: „Ich bin volljährig und mein eigener
Herr. Du hast mich schon zwölf Mal enterben wollen. Wenn Oskar Wilde Dich strafrechtlich belangen wollte, so würdest Du sieben Jahre Zuchthaus bekommen.
Obgleich ich Dich verabscheue, will ich dennoch im Interesse unserer Familie es vermeiden. Wenn Du mich angreifst, so werde ich mich mit dem Revolver
vertheigen. Es wäre völlig gerechtfertigt, wenn ich oder er Dich erschöffe, da wir uns nur vertheidigen würden gegen einen gefährlichen Raufbold. Ich
glaube, nicht Viele würden Dich vermissen, wenn du todt wärest.” Im Laufe der Verhandlung behauptete die Vertheidigung, daß Wilde verbotenen Umgang mit
einer ganzen Anzahl junger Männer, u. A. mit Bediensteten des Savoy-Hotels, gepflogen habe. Einen unerwarteten Abschluß fand der Proceß, als die
Vertheidigung ihre Zeugen vorführen wollte. Der Anwalt Wildes, Sir Edward Clarke, erklärte zum allgemeinen Erstaunen, daß sein Client die Anklage
zurückziehen und derselbe sich mit dem Verdict „Nichtschuldig” zufrieden geben wolle. Der Anwalt des Marquis, Carson, hatte nichts dagegen einzuwenden.
Der verhaftete englische Dramatiker Oskar Wilde, ein 40jähriger Mann Familienvater, war nicht bloß ein berühmter und populärer Dichter,
fanden auch ein allbekanntes Mitglied der Londoner haute volée. Er ist Schöngeist und excentrisch, die Seele der „ästhetischen” Bewegung in England, deren
Jünger als Symbol eine Lilie in der Hand zu tragen pflegten, und welche in Sullivans „Mikado” so vortrefflich karrikiert ist. Auch der Marquis von
Queensberry gehört zu Klasse der Excentrizisten. Bei der Erstaufführung von Oskar Wildes „The importance of being earnest” (Die Notwendigkeit ernst zu
sein) erschien er mit einem ungeheueren – Gemüsebouquet im Theater. Als ihm ein Polizist den Eintritt damit verweigerte, warf er den sonderbaren Strauß
durch den Schalter des Kassenfensters dem Billetverkäufer an den Kopf mit der Bemerkung, es sei für Oskar Wilde bestimmt. Die beleidigenden Aeußerungen
Lord Queensberrys waren auf einer von diesem dem Portier des Albemarie-Klubs für Wilde übergeben offenen Visitenkarte enthalten. Der Marquis hatte Wilde
des unzüchtigen Umganges mit seinem 20jährigen Sohne, Lord Alfred wolle er die Sache auf die Spitze treiben, um seinen Sohn zu retten. Die bei den
Gerichtsverhandlungen an das Licht gekommenen Thatsachen waren so empörender Natur, daß die Konservative „St. James Gazette” die Berichterstattung
einstellte und sich auf die Mitteilung des Resultats beschränkte. Der „Daily Chronicle” erklärte seinen Lesern, daß er im Interesse des öffentlichen
Anstandes den Prozeß nur in aller Kürze bringen könne. Die allermeisten Londoner Zeitungen wählten allerdings einen anderen Weg und tischten ihren Lesern
seitenlange Berichte auf, welche jedenfalls unermerßlichen Schaden gestiftet haben. --- Die Verteidigung suchte am ersten Tage aus Oskar Wildes Schriften
dessen kontrasexuale Eigenschaften zu beweisen. In dieser Beziehung bot die zuerst in „Lippincotts Magazin” veröffentlichte Novelle „Dorian Grey” für den
Kriminalpsychologen äußerst interessante Beiträge. Die am zweiten Tage verlesenen Briefe des Lord Alfred Douglas an Wilde und seine an diesen gerichtete
Ode brachten ein Grabesschweigen im Gerichtssaal hervor. Auch die Briefe, welche der junge Mann an seinen Vater, den Marquis von Queensbery, gerichtet
hatte, gelangten zur Verlesung. Dieselben enthüllten traurige Familienverhältnisse. In einem derselben heißt es: „Ich bin volljährig und mein eigener
Herr. Du hast mich schon zwölf Mal enterben wollen. Wenn Oskar Wilde Dich strafrechtlich belangen wollte, so würdest Du sieben Jahre Zuchthaus bekommen.
Obgleich ich Dich verabscheue, will ich dennoch Interesse unserer Familie es vermeiden. Wenn Du mich angreifst, so werde ich mich mit dem Revolver
verteidigen. Es wäre völlig gerechtfertigt, wenn ich oder er Dich erschösse, da wie uns nur verteidigen würden gegen einen gefährlichen Raufbold. Ich
glaube, nicht viele würden Dich vermissen, wenn Du tot wärest.” Im Laufe der Verhandlung behauptete die Verteidigung, daß Wilde verbotenen Umgang mit
einer ganzen Anzahl junger Männer, u.a. mit Bediensteten des Savoy-Hotels, gepflogen habe. Einen unerwarteten Abschluß fand der Prozeß, als die
Verteidigung ihre Zeugen vorführen wollte. Der Anwalt Wildes, Sir Edward Clarke, erklärte zum allgemeinen Erstaunen, daß sein Klient die Anklage
zurückziehen und derselbe sich mit dem Verdikt „Nichtschuldig” zufrieden geben wolle. Der Anwalt des Marquis, Carson, hatte nichts dagegen einzuwenden.