Previous report Neue Freie Presse - Thursday, November 21, 1895
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Kleine Chronik.


[Gnadengesuch für Oskar Wilde.] Aus Paris berichtet man uns: Die Schriftsteller Leon Deschamps und Stuart Meriee beabsichtigen, eine Petition an die Königin Victoria um Begnadigung, eventuell Umwandlung der Strafe Oskar Wilde's zu richten, welches Gesuch von englischen und französischen Schriftstellern zu unterfertigen sei. Alphonse Daude zögert noch; Wilde sei ihm zwar persönlich bekannt und habe ihn besucht, als er Frankreich bereiste, auch sei die Strafe mehr Tortur, indessen, sagt Daudet, sei Wilde's Lebenswandel ekelhaft. Emile Zola ist verreist. Sardou verweigert die Unterschrift er wolle sich nicht in diesen Unflath mengen. Barres, der Wilde auch persönlich kennt, hält sich reservirt und bezweifelt bei Erfolg eines solchen Gesuches. Maurice Donay unterzeichnet dasselbe mit der Begründung, die moderne Gesellschaft sei nicht so rein, um einen Einzelnen für die schlechten Sitten unserer Zeit so hart büßen zu lassen.

Wie man der „N. Fr. Pr.” aus Paris schreibt, beabsichtigen die Schriftsteller Léon Deschamps und Stuart Mériee eine Petition an die Königin Victoria um Begnadigung, eventuell Umwandlung der Strafe Oskar Wildes zu richten, welches Besuch von Englischen und Französischen Schriftstellern zu unterfertigen sei. Alphonse Daudet zögert noch; Wilde sei ihm zwar persönlich bekannt und habe ihn besucht, als er Frankreich bereiste, auch sei die Strafe mehr Tortur, indessen, sagt Daudet, sei Wildes Lebenswandel ekelhaft. Emile Zola ist verreist. Gardou verweigert die Unterschrift, er wolle sich nicht in diesen Unflath mengen. Barrès, der Wilde auch persönlich kennt, hält sich reservirt und bezweifelt den Erfolg eines solchen Gesuches. Maurice Donnaz unterzeichnet dasselbe mit der Begründung, die moderne Gesellschaft sei nicht so rein, um einen Einzelnen für die schlechten Sitten unserer Zeit so hart büßen zu lassen

Little chronicle.


[Prayer for mercy for Oskar Wilde.] We are told from Paris: The writers Leon Deschamps and Stuart Meriee intend to petition Queen Victoria for pardon, possibly commutation of Oskar Wilde's sentence, which petition is to be signed by English and French writers . Alphonse Daude still hesitates; He knew Wilde personally and had visited him when he traveled to France, and the punishment was more torture, but, says Daudet, Wilde's way of life was disgusting. Emile Zola is away. Sardou refuses to sign, saying he doesn't want to get mixed up in this filth. Barres, who also knows Wilde personally, remains reserved and doubts that such a request will be successful. Maurice Donay signs the same, arguing that modern society is not so pure as to make an individual pay so harshly for the bad habits of our time.