Gerichtssaal.

Aus dem englischen "High Life". Der am 5. d. M. vor den Londoner Geschworenen zum Abschlusse gelangte Prozeß Wilde-Queensberry hat von der sittlichen Fäulniß, die in den oberen Schichten der „frommen” englischen Gesellschaft herrscht, ein geradezu widerliches Bild enthüllt. Marquis Queensberry, der mit seinem Sohne Lord Alfred Douglas in bitterster Feindschaft lebt, stand wegen Verleumdung unter Anklage, weil er den Kläger, Schriftsteller Oskar Wilde, öffentlich des verbotenen Umgangs mit seinem (Queensberry´s) 20jährigen Sohne beschuldigt hatte. Daß die Beschuldigung nur allzu begründet war, zeigte das Beweisverfahren, das in einen Abgrund von Schamlosigkeit blicken ließ. Das unenendlich traurige Verhältniß zwischen Vater und Sohn, welch Letzterer ganz in den Schlingen seines Verführers liegt, wird am grellsten durch einen Brief des Sohnes gekennzeichnet, in dem es u.A. heißt: „Ich bin volljährig und mein eigener Herr. Du hast mich schon zwölfmal enterben wollen. Wenn Oskar Wilde Dich strafrechtlich belangen wollte, so würdest Du sieben Jahre Zuchthaus bekommen. Obgleich ich Dich verabscheue, will ich dennoch im Interesse unserer Familie es vermeiden. Wenn Du mich angreifst, so werde ich mich mit dem Revolver vertheidigen. Es wäre völlig gerechtfertigt, wenn ich oder er Dich erschösse, da wir uns nur vertheidigen würden gegen einen gefährlichen Raufbold. Ich glaube, nicht Viele würde Dich vermissen, wenn Du todt wärest.”

Angesichst solcher empörender Enthüllungen darf es nicht Wunder nehmen, daß sie die anständige Presse im Laufe der Verhandlung die Berichterstattung einstellte und nur das Ergebniß mittheilte. Der sittliche Nutzen, den die Veröffentlichung derartiger abschreckender Beispiele gegeben hätte, wäre in keinem Vergleiche zu dem Unheil gestanden, das die Veröffentlichung der scheußlichen Einzelheiten, namentlich geschlechtlicher Natur, anzurichten vermöchte. Leider hat die auch in England stark verjudete liberale Senstationspresse ihren Lesern seitenlange Berichte über diesen größten aller Skandalprozesse seit Jahren geliefert. Das Ergebniß, den Freispruch des Marquis und die Verhaftung Wilde´s, haben wir bereits mitgetheilt.

courtroom.

From the English "high life". On the 5th d. M. The Wilde-Queensberry trial, which was concluded before the London jury, has revealed a sickening picture of the moral rot which prevails in the upper strata of "pious" English society. Marquis Queensberry, who lives in bitter enmity with his son Lord Alfred Douglas, was charged with defamation for publicly accusing the plaintiff, writer Oskar Wilde, of improper association with his (Queensberry's) 20-year-old son. That the accusation was only too well-founded was shown by the evidentiary procedure, which revealed an abyss of shamelessness. The infinitely sad relationship between father and son, which the latter lies completely in the snares of his seducer, is most glaringly characterized by a letter from the son, which says, among other things: “I am of legal age and my own master. You have already tried to disinherit me twelve times. If Oskar Wilde wanted to prosecute you, you would get seven years in prison. Although I despise you, for the sake of our family I want to avoid it. If you attack me, I will defend myself with a revolver. It would be perfectly justified if I or he shot you, since we would only be defending ourselves against a dangerous brawler. I don't think many would miss you if you were dead."

In view of such outrageous revelations, it should come as no surprise that the respectable press stopped reporting during the course of the trial and only reported the result. The moral benefit which the publication of such chilling examples would have given would have been in no comparison to the harm which the publication of the hideous details, especially of a sexual nature, could do. Unfortunately, the liberal sensationalist press, which is also strongly Jewized in England, has been providing its readers with page-long reports about this biggest of all scandal processes for years. We have already communicated the result, the acquittal of the Marquis and the arrest of Wilde.

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